Bundesgericht zu ausserordentlichem Staatsanwalt

Das Bundesgericht verlangt, dass ein ausserordentlicher Staatsanwalt den umstrittenen Polizeieinsatz in Wohlen AG untersuchen muss.

Ende Mai 2009 schoss ein Polizeigrenadier dem Serben Zeljko B. zwei Mal in den Bauch, als dieser betrunken in seiner Wohnung herumzeterte und drohte, sich umzubringen. Der Polizist berief sich auf Notwehr, weil der Mann ihn mit einem Küchenmesser bedroht habe.

Den Einsatz von sechs schwer bewaffneten Polizeigrenadieren der Sondereinheit Argus hatte der Einsatzleiter angeordnet – mit ausdrücklicher Genehmigung des Aargauer Kripo-Chefs Urs Winzenried. Winzenried erlaubte auch den Schusswaffeneinsatz. Sowohl der Einsatz der Sondereinheit wie auch von Schusswaffen seien unverhältnismässig gewesen, kritisierte der renommierte Basler Polizeiexperte Markus Mohler in einem Gutachten, das auch verschiedene Verfahrensmängel bei der laufenden Untersuchung aufzeigt.

Das Bundesgericht verlangt nun, dass ein neuer, ausserordentlicher Staatsanwalt sämtliche Strafverfahren führt: jenes gegen die Polizisten, jenes gegen Zeljko B. und allfällige Verfahren gegen den Einsatzleiter und den Kripo-Chef Urs Winzenried.  Damit ist die Untersuchung des Falls Zeljko B. nach mehr als zwei Jahren wieder am Ausgangspunkt.

Das Aargauer Obergericht hatte sich wiederholt dagegen gewehrt, einen ausserordentlichen Staatsanwalt einzusetzen, obwohl dies Zeljko B.s Anwalt, Regierungsrat Urs Hofmann, die zuständige Staatsanwältin und die Aargauer Oberstaatsanwaltschaft verlangt hatten (vgl. Justizblog).

Zeljko B. zeigte sich gegenüber der Aargauer Zeitung erleichtert über den Entscheid des Bundesgerichts: „Ich bin sehr glücklich. Wir haben über zwei Jahre dafür gekämpft“.

Der Entscheid des Bundesgerichts (1B_471/2011) ist aber nicht das erhoffte Grundsatzurteil. Die höchsten Schweizer Richter entschieden nur den konkreten Fall, nicht aber allgemein, unter welchen Voraussetzungen ausserordentliche Staatsanwälte bei Strafverfahren gegen Polizisten zwingend eingesetzt werden müssten. Damit fehlt es auch in Zukunft in dieser heiklen Frage an Rechtssicherheit.

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