Eine Ära geht zu Ende: fel. wird frühpensioniert

Markus Felber, der Bundesgerichtskorrespondent der NZZ, hört Ende Juni auf. Bei der Neubesetzung muss die NZZ darauf achten, dass sie ihren Marktvorteil sorgfältig pflegt.

2013 wäre eigentlich ein Jubeljahr für die NZZ: Seit genau 100 Jahren hat die alte Tante die Berichterstattung über das Bundesgericht gepflegt wie kein zweites Medium. Die Berichterstattung über die Urteile des höchsten Schweizer Gerichts gehört zum Markenzeichen der NZZ: Tausende wenn nicht gar zehntausende von Juristinnen und Juristen haben die NZZ nicht zuletzt deshalb abonniert – weil die Zusammenfassungen der höchstrichterlichen Entscheide eine schnelle und präzise Information erlauben.

Nur gerade vier Personen haben das Amt des Bundesgerichtskorrespondenten in diesen 100 Jahren innegehabt. Der letzte, Markus Felber, tat es mehr als 19 Jahre lang. Und er tat es mit juristisch-journalistischer Prägnanz und zielgenauer Kritik, wenn das Bundesgericht Verfahrensregeln zurechtbog, formalistisch anonymisierte oder höchste Richter fichieren liess. Der bestens informierte Felber irritierte einen einzelnen Bundesrichter sogar derart, dass der Magistrat den unbequemen, aber korrekten Journalisten in den heiligen Hallen zu Mon Repos anspuckte.

Die 100%-Stelle von Markus Felber wird durch eine feste 75%-Stelle (NZZ-Bundeshausjournalistin Katharina Fontana) und zusätzliche Stellvertretungen besetzt. Es ist zu hoffen, dass damit kein Abbau der Berichterstattung verbunden ist und die NZZ nicht ohne Not ihren einzigartigen Marktvorteil aus der Hand gibt. Viele Juristinnen und Juristen zählen auf die NZZ, wenn es darum geht, flächendeckend und in zuverlässiger Triage über die wichtigen Entscheide des Bundesgerichts informiert zu sein. Hoffentlich pflegt die alte Tante ihre mehr als 100-jährige Tradition sorgfältig weiter.

Inlandchef René Zeller betont auf Anfrage, dass „die NZZ der Tätigkeit der nationalen Gerichte unverändert eine hohe Bedeutung“ zumesse. Es gelte die Rechtsprechung „systematisch zu beobachten und kritisch zu begleiten.“

Nachtrag vom 9. Juli 2013: Felbers Nachfolgerin Katharina Fontana legte ihre juristisch-politische Grundhaltung in diesem Kommentar dar.

8 Gedanken zu “Eine Ära geht zu Ende: fel. wird frühpensioniert

  1. Nachdem die NZZ keinen Nachfolger präsentierte habe ich spontan angenommen, dass diese Position wegrationalisiert wurde und die Aussagen Zeller’s rein deklamatorisch zu verstehen ist?

    • Das wird erst die Zukunft wirklich zeigen. Tatsache ist, dass die 100%-Stelle von Felber durch eine feste 75%-Stelle und Stellvertretungenen ersetzt wird.

  2. Schön und gut. Nur warum gibt es keine regelmässige Berichterstattung über Urteile des Sozialversicherungsgerichts des Kantons Zürich durch die NZZ, den Tagi oder zumindest den Beobachter?
    Die Verfahrensdauern sind seit Jahren unterträglich und der Kantonsrat hat schon mehrfach die vom Gericht beantragten Richteraufstockungen nicht im vollen Umfang genehmigt und niemand berichtet darüber. Wenn niemand über die Qualitätsprobleme am Sozialversicherungsgericht des Kantons Zürich berichtet, wird sich nichts ändern.

  3. Wieso steht das mit den 75 Prozent nicht im Artikel? Und wieso immer dieser Begriff „Frühpensionierung“, obwohl damit eigentlich eine Kündigung zu einem Zeitpunkt gemeint ist, wo man die Leistungen der Pensionskasse beziehen muss und dadurch meistens erhebliche Einbussen seiner Altersvorsorge erleidet?

    • Sie haben recht, was die 75 Prozent und die Stellvertretungen betrifft. Frühpensionierung kann auch heissen, dass der Arbeitgeber hilft, die Pensionskassen-Lücken zu überbrücken.

    • Die Bezeichnung als Frühpensionierung hat mich auch gewundert und ich hätte mir gewünscht, dass irgendwer aus dem Nähkästchen plaudert…

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