Presserat neu auch für Blogger zuständig

Auf Anfang 2019 hat der Presserat sein Geschäftsreglement geändert und erklärt sich neu auch für  journalistische Inhalte zuständig, die individuell publiziert werden. Damit klärt er eine wichtige Frage. Handelt sich aber viele neue Probleme ein.

Gemäss neuem Art. 2 des Geschäftsreglements erstreckt sich die Zuständigkeit des Presserats « – ungeachtet der Verbreitungsart – auf den redaktionellen Teil der öffentlichen, auf die Aktualität bezogenen Medien sowie auf die journalistischen Inhalte, die individuell publiziert werden.»

Gemäss altem Artikel war der Presserat nur zuständig für «den redaktionellen Teil oder damit zusammenhängende berufsethische Fragen sämtlicher öffentlicher, periodischer und/oder auf die Aktualität bezogener Medien.»

Damit ändert einiges:

  1. Der Presserat ist für Publikationen auf allen Verbreitungskanälen zuständig – also in Radio, TV, Print, Online, Social Media, Alexa etc..
  2. Der Presserat ist auch für nicht periodische Publikationen zuständig.
  3. Der Presserat ist nicht nur für Publikationen im redaktionellen Teil von Medien zuständig, sondern auch für journalistische Inhalte, die individuell publiziert werden.

Damit beschränkt der Presserat seine Zuständigkeit also nicht (mehr) auf Redaktionen und Inhalte, die einen redaktionellen Produktionsprozess durchlaufen haben, sondern weitet sie ausdrücklich auch auf journalistische Inhalte aus, die individuell publiziert werden (Stellungnahmen 1/2019 und 2/2019). Und damit wird der Presserat grundsätzlich auch für Publikationen von Bloggern, Youtubern etc. zuständig oder kann einzelne Social-Media-Posts beurteilen.

Entscheidend für die Zuständigkeit ist einzig und allein, ob die Publikation einen «journalistischen Charakter»hat.

Als Veröffentlichung mit journalistischem Charakter gilt gemäss Presserat «jede Publikation, die aus einer Tätigkeit resultiert, welche aus unabhängiger Warte Material sammelt, auswählt, formatiert, interpretiert oder kommentiert.» (Stellungnahme 1/2019).

Ob eine Publikation journalistisch ist, beurteilt der Presserat zudem neu anhand des gesamten Charakters der Publikation. Weder Presseausweis der Informationsersteller noch Selbstdeklaration («Ich mache Journalismus») genügen für sich alleine: «Weder der Besitz eines Presseausweises noch die Erzielung eines Einkommens überwiegend aus journalistischer Tätigkeit oder andere quantitative Kriterien können als alleinige Referenz dienen. Die freiwillige Unterstellung unter die Regeln der ‚Erklärung’, wie sie der Presserat bisweilen in Betracht gezogen hat, ist ebenfalls nicht ausreichend, und sei es nur, weil dies zur Folge hätte, dass diejenige Person, die behauptet, nicht der ‚Erklärung’ zu unterstehen, dieser e contrario auch nicht unterstehen würde.» (Grundsatzstellungnahme 1/2019).

Damit kehrt der Presserat von seiner Praxis ab, auf die blosse Selbstdeklaration des Mediums abzustellen. Noch 2017 trat der Presserat auf eine Beschwerde gegen den Blog «www.1dex.ch» nicht ein, obwohl der Blog vom Auftritt her in den Augen des Presserates «wie ein journalistisches Onlinemedium» daherkam. Als Indiz dafür wertete der Presserat etwa die Überschrift «Pour un Valais critique et libertaire». Der Hauptblogger ist ein Anwalt aus Sion, weitere Beiträge schreiben Angehörige verschiedener Berufsgattungen, darunter auch Ex-Journalisten. Die Beiträge sind – mit einzelnen Ausnahmen – nur abonnierten Nutzern zugänglich. Trotzdem kam der Presserat zum Schluss, dass es sich dabei nicht um einen journalistischen Blog handelte, der dem Journalistenkodex untersteht. Grund: Es werde nirgends behauptet, dass der Blog Journalismus betreiben wolle (Stellungnahme 48/2017).

Und noch im Frühjahr 2018 tratt der Presserat auf eine Beschwerde gegen die Online-Plattform www.lapravda.ch ein, weil die Online-Plattform für sich in Anspruch nehme, eine Plattform für Journalisten zu sein, die kein Blatt vor den Mund nehmen, und ausdrücklich erkläre, den Journalistenkodex zu beachten (Stellungnahme 10/2018)

Diese Korrektur des Presserates ist zu begrüssen. Als der Presserat vorwiegend auf die Selbstdeklaration der Publikation abstellte, hatten es Medien weitgehend selbst in der Hand, ob sie dem Journalistenkodex unterstanden oder nicht. Und es konnte wie im Fall «www.1dex.ch» passieren, dass ein Produkt mit augenscheinlich journalistischem Charakter dem Journalistenkodex nicht unterstand, wenn das Produkt nicht ausdrücklich behauptete, nach journalistischen Kriterien zu arbeiten. Das war aus der Sicht der Leserinnen und Leser unbefriedigend.

Offen bleibt, nach welchen Kriterien der Presserat genau beurteilt, ob eine Publikation einen journalistischen Charakter hat. Einige Guidelines lassen sich aus der bisherigen Praxis des Presserates und aus den Grundsatzstellungnahme 1 und 2/2019 ableiten:

_Hat ein Inhalt einen redaktionellen Produktionsprozess durchlaufen, ist dies ein starkes Indiz für den journalistischen Charakter der Publikation. So müssen «journalistische Medien» etwa den Journalistenkodex immer einhalten, auch wenn sie auf Social Media publizieren (Stellungnahme 2/2019). Doch bei vielen Publikationen lassen sich die internen Abläufe von aussen kaum beurteilen.

_Objektive Kriterien wie Aufbau und Präsentation der Publikation werden eine wichtigere Rolle spielen, wenn es darum geht, den journalistischen Charakter einer Publikation zu beurteilen. Was gilt etwa, wenn Aufbau und Präsentation einen Durchschnittsleser (wie etwa im Fall «www.1dex.ch») glauben lassen, dass ihm Informationen mit journalistischem Charakter geboten werden? Die Praxis des Presserates darf mit Spannung erwartet werden.

Sonderfall Journalist: Journalistinnen und Journalisten sind grundsätzlich verpflichtet, die berufsethischen Regeln einzuhalten – auch wenn sie unabhängig von einer Redaktion journalistische Inhalte über Social Media verbreiten. Diese Pflichten beschränken sich aber ebenfalls auf Beiträge journalistischer Art, die sie verbreiten und gelten nicht, wenn sie sich zu Fragen äussern, die ihr Privatleben betreffen.  Zudem ist gemäss Presserat dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit Rechnung zu tragen, besonders ist die charakteristische Spontaneität sozialer Netzwerke zu berücksichtigen und die dort praktizierte breite Meinungsfreiheit (Stellungnahme 2/2019). Auch dazu wird die Praxis des Presserates Klarheit schaffen müssen.

Der Twitter-Entscheid des Presserates vom Mai 2018 ist durch diese Änderungen des Reglements weitgehend obsolet geworden. Damals entschied der Presserat aufgrund des alten Geschäftsreglements auf eine Beschwerde gegen einen Tweet eines Journalisten der «Basler Zeitung» nicht einzutreten, weil er sich nur für Beschwerden gegen Redaktionen zuständig erachtete oder gegen Journalisten, deren Handlungen einer Redaktion zuzurechnen waren.

 

Schnelleinstieg und Überblick zum Bundesgesetz über elektronische Medien

Für einen Workshop beim Reporterforum habe ich die wichtigsten Neuerungen im Entwurf des Bundesgesetzes über elektronische Medien und die Reaktionen von Parteien, Medienorganisationen und Gewerkschaften im Überblick dargestellt. Vielleicht verhilft das auch andern zu mehr Durchblick. Kommentare und Hinweise welcome!

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Eine Ära geht zu Ende: fel. wird frühpensioniert

Markus Felber, der Bundesgerichtskorrespondent der NZZ, hört Ende Juni auf. Bei der Neubesetzung muss die NZZ darauf achten, dass sie ihren Marktvorteil sorgfältig pflegt.

2013 wäre eigentlich ein Jubeljahr für die NZZ: Seit genau 100 Jahren hat die alte Tante die Berichterstattung über das Bundesgericht gepflegt wie kein zweites Medium. Die Berichterstattung über die Urteile des höchsten Schweizer Gerichts gehört zum Markenzeichen der NZZ: Tausende wenn nicht gar zehntausende von Juristinnen und Juristen haben die NZZ nicht zuletzt deshalb abonniert – weil die Zusammenfassungen der höchstrichterlichen Entscheide eine schnelle und präzise Information erlauben.

Nur gerade vier Personen haben das Amt des Bundesgerichtskorrespondenten in diesen 100 Jahren innegehabt. Der letzte, Markus Felber, tat es mehr als 19 Jahre lang. Und er tat es mit juristisch-journalistischer Prägnanz und zielgenauer Kritik, wenn das Bundesgericht Verfahrensregeln zurechtbog, formalistisch anonymisierte oder höchste Richter fichieren liess. Der bestens informierte Felber irritierte einen einzelnen Bundesrichter sogar derart, dass der Magistrat den unbequemen, aber korrekten Journalisten in den heiligen Hallen zu Mon Repos anspuckte.

Die 100%-Stelle von Markus Felber wird durch eine feste 75%-Stelle (NZZ-Bundeshausjournalistin Katharina Fontana) und zusätzliche Stellvertretungen besetzt. Es ist zu hoffen, dass damit kein Abbau der Berichterstattung verbunden ist und die NZZ nicht ohne Not ihren einzigartigen Marktvorteil aus der Hand gibt. Viele Juristinnen und Juristen zählen auf die NZZ, wenn es darum geht, flächendeckend und in zuverlässiger Triage über die wichtigen Entscheide des Bundesgerichts informiert zu sein. Hoffentlich pflegt die alte Tante ihre mehr als 100-jährige Tradition sorgfältig weiter.

Inlandchef René Zeller betont auf Anfrage, dass „die NZZ der Tätigkeit der nationalen Gerichte unverändert eine hohe Bedeutung“ zumesse. Es gelte die Rechtsprechung „systematisch zu beobachten und kritisch zu begleiten.“

Nachtrag vom 9. Juli 2013: Felbers Nachfolgerin Katharina Fontana legte ihre juristisch-politische Grundhaltung in diesem Kommentar dar.

Das Ende der Omerta in der Justiz

Die Justiz ist eine der letzten staatlichen Organisationen, die sich den Bürgerinnen und Bürgern nicht erklärt. Noch immer gilt der Grundsatz: Ein Urteil spricht für sich. Das ist falsch.

Will die Justiz in der heutigen Zeit Vertrauen erhalten oder gar zurückgewinnen, muss sie aktiv kommunizieren
sowohl in normalen wie auch in Krisen-Zeiten. Damit dies gelingt, müssen Gerichte die Zugangsrechte von Medienschaffenden zu Urteilen (Art. 30 Abs. 3 BV und die Präjudizien des Bundesgerichts dazu) respektieren.

Sie müssen aber auch intern eine positive Fehlerkultur aufbauen und Kommunikationskonzepte erarbeiten. Richterinnen und Richter, die Führungsaufgaben übernehmen, müssen in (Krisen-)Kommunikation geschult sein. Diese Forderungen habe ich in einem Artikel in der Richterzeitung  (Richterzeitung_6_März_13) ausführlich dargelegt.

Eine kleine Erkenntnis, die mittelfristig relevant werden könnte: Ausser den Richtern selbst unterstehen alle Angestellten des Bundesgerichts dem Personalgesetz des Bundes. Sie können somit Missstände an die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) als Whistleblower-Anlaufstelle melden. Wenn also ein juristischer Sekretär, ein Gerichtsschreiber oder ein Generalsekretär zum Beispiel Unregelmässigkeiten in der Zusammensetzung des Spruchkörpers feststellt, darf er das der EFK melden, ohne dass ihm daraus irgendwelche Nachteile erwachsen (Art. 22a BPG).

Dann würde die Bundesverwaltung zentrale Entscheide der höchsten Judikative kontrollieren. Das könnte im konkreten Fall zu massivem Protest der Richterschaft führen und zumindest von der Gewaltenteilung her problematisch sein.

Weshalb der Justizjournalismus in Helvetien darbt

Embedded Journalists, unerfahrene Gerichtsreporter, Desinteresse der Medien und die Angst der Justizbehörden vor Transparenz sind vier Gründe für das Malaise des Justizjournalismus in der Schweiz. Vier Forderungen, um dies zu ändern.

Der kritische Justizjournalismus darbt in der Schweiz. Das hat mit vier Gründen zu tun: Erstens bauen die Medien die Justizberichterstattung ab. So berichten heute selbst in der NZZ nur drei Personen über Justiz, hingegen fast zwei Dutzend Leute über Parlament und Regierung in Bund und Kanton Zürich. Das Missverhältnis in der Berichterstattung über die drei Gewalten ist bei andern Zeitung kaum anders. Oder kann sich jemand daran erinnern, dass Bundesrichterkandidaten vor den Wahlen ähnlich geröntgt wurden wie Bundesräte und Parlamentarier?

Zweitens sind die regelmässigen Gerichtsberichterstatter, welche die Kompetenz zur Justizkritik haben,  meist embedded journalists, die aus Rücksicht auf das Justiz-Biotop, in dem sie selbst leben, nicht alles schreiben können, was wichtig wäre. Drittens ist die grosse Masse der Gerichtsberichterstatter  unerfahren und vermeldet nur Sensationen, übt hingegen keine fundierte Justizkritik. Dass da die Justizbehörden von Polizei über Staatsanwaltschaften bis zu den Gerichten misstrauisch sind, ist zumindest zum Teil verständlich. Doch dies erklärt die Angst der Justizbehörden vor Transparenz bei weitem nicht, die viertens Justizkritik erschwert.

Schade eigentlich, denn Justizjournalismus tut not in der Schweiz. Er müsste drei Fragen stellen:

1. Liegt ein Justizfehler vor? (Wie zum Beispiel beim Bundesgerichtsentscheid zu Swissmedic)

2. Ist das juristisch korrekte Urteil auch gerecht? (Eine Frage, die sich zum Beispiel beim Fall Wyler/Zopfi stellt)

3. Gibt es Dysfunktionen im Justizsystem? (Wie zum Beispiel im Bezirk March, wo Anwälte und Richter Herrenabende feiern und sich danach wieder vor und hinter den Schranken des Gerichts unbefangen begegnen)

Damit Justizjournalismus und Justizkritik in der Schweiz diesen Fragen wieder fundiert nachgehen können, müssen 4 Forderungen erfüllt werden:

1. Sämtliche Justizbehörden müssen Zugang zu ihren Entscheiden gewährleisten. Kostenlos und schnell.

2. Justizjournalismus ist als spannendes Berufsfeld für Juristen bekannt zu machen.

3. Rechtswissenschaftliche Lehre und Justizjournalisten sollten häufiger zusammenarbeiten, denn beide machen das gleiche – wenn auch in unterschiedlichen Diskursen.

4. Medien sollten der Justizberichterstattung und der Justizkritik mehr Raum geben.

Also Bodenpersonal Justitias rege Dich!

www.investigativ.ch: Die Recherche-Plattform der Schweiz

Der Verein investigativ.ch baut seine Website zum Kompetenzzentrum für Recherche aus. Ab dem 1. November 2011 verraten Recherche-Journalistinnen und -Journalisten unter  www.investigativ.ch ihre Tipps und Tricks.

Der Mitgliederbereich der neuen Website bietet handfesten Service:  Rechercheanleitungen, kommentierte Links, Dossiers mit dem aktuellen Stand von Recherchen in wichtigen Themenbereichen. Zudem stehen Musterbriefe für Einsichtsgesuche zum Download bereit, und ein Forum ermöglicht den Austausch über konkrete Rechercheprobleme.

Auch Nicht-Mitglieder können sich über einen Blog über die aktuellen Entwicklungen in der weiten und nahen Welt der Recherche informieren. Und wer den Newsletter abonniert, ist über Veranstaltungen und Tagungen auf dem Laufenden.

Das Angebot wird von allen Mitgliedern des Vereins investigativ.ch aktualisiert und weiter angereichert. So berichtet die Website aktuell über die Herzberg-Tagung vom 2. November 2011, die dieses Jahr der Recherche gewidmet ist.

Recherchewissen ist shareware. Davon ist investigativ.ch überzeugt. Mitglied können alle hauptberuflichen Journalistinnen und Journalisten werden.

Investigativ.ch, das Recherche-Netzwerk Schweiz, ist  auch auf Twitter (investigativ_ch) und Facebook präsent. Reinschauen, „followen“ und „liken“.

Die Kunst der Recherche bei der Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft gibt Auskunft von 14 bis 16 Uhr, ansonsten hat man seine Anfrage auf Band zu sprechen oder per Mail zu formulieren. Und Mediensprecherin Jeannette Balmer wird ziemlich böse, wenn man sie direkt kontaktiert.

Da will Justizblog von der Bundesanwaltschaft wissen, wie denn das weiterläuft, wenn die Meldestelle für Geldwäscherei Meldung wegen verdächtigen Geldern an die Bundesanwaltschaft macht. Ob bei libyschen Geldern die Bundesanwaltschaft allenfalls auch betreffend gesperrten Geldern ermitteln kann und tut. Einfache simple Fragen, an denen derzeit ein gewisses öffentliches Interesse besteht.

Für solche Anfragen gibt es eine Infoline der Bundesanwaltschaft. Wer dort anruft, erfährt, dass er von Montag bis Freitag von 14 bis 16 Uhr Auskunft erhält, ansonsten seine Anfrage per Mail an info@ba.admin.ch zu richten oder auf Band zu sprechen hat.

Mühsam, wenn man schlicht nicht weiss, ob man mit seinen Fragen am richtigen Ort ist – selbst als juristischer Journalist nicht. Deshalb möchte man kurz einen Menschen an der Strippe haben, nicht auf Band sprechen und auch nicht diese Grundsatzfrage per Mail stellen, wenn man nicht weiss, wann sie beantwortet wird.

Also sucht man kurz im Staatskalender nach der Telefonnummer von Jeannette Balmer  und siehe da der Journalist wird fündig, ruft an und hört jemand abnehmen: „Ja“.

„Guten Tag, hier ist Dominique Strebel, vom Justizblog“

Frau Balmer (hörbar erbost, wie wenn der Journalist eine unlautere Recherche getätigt hätte) : „Woher haben Sie diese Nummer?“.

„Aus dem Staatskalender der Bundesverwaltung“

(Schweigen, danach immer noch erbost). „Das muss ich sofort löschen lassen. Melden Sie sich gefälligst über die offizielle Infoline“.

Dann gibt Frau Balmer aber – leicht von oben herab, aber immerhin – erschöpfend Auskunft und auch auf die Mails reagiert sie schnell. Das ziemlich spezielle Vorspiel wäre eigentlich nicht nötig gewesen.

Bleibt die interessante Frage, ob sich alle Bundesangestellten einfach so aus dem Staatskalender löschen lassen können. Frau Balmer kann es. Sie hat ihre direkte Nummer innert 48 Stunden erfolgreich durch die Infoline ersetzen lassen.

Deshalb sei die direkte Nummer hier archiviert: Vorwahl der Schweizer Hauptstadt, danach das Resultat folgender kleinen Rechnung der Reihe nach eingeben: 1’610’000 mal 2 plus 4677.

Polizeireporter lernen nichts

Alle Jahre wieder kommt die Kriminalitätsstatistik der Kantonspolizeien. Und alle Jahr wieder schreiben die Journalisten von Zunahme oder Abnahme der Kriminalität. Dabei geht es bloss um bei der Polizei eingangene Anzeigen.

„Nicht nur die Jugendkriminalität , auch die Gesamtzahl der Delikte ist im Kanton Zürich deutlich zurückgegangen“, schreibt Stefan Hohler am 23. März 2011 im Tages-Anzeiger. Man könnte meinen, er stütze sich auf eine statistische Auswertung von Urteilen. Doch mitnichten.

Es handelt sich um die polizeiliche Kriminalstatistik des Kantons Zürich. Das heisst um die Zahl der eingegangenen Anzeigen. Ob diese Anzeigen zurückgezogen werden, zu Freisprüchen führten, zu Einstellungen aus sonstigen Gründen oder zu Verurteilungen interessiert den Tages-Anzeiger nicht. Er schreibt fröhlich vom Rückgang der Delikte im Kanton Zürich.

Und das macht nicht nur er so. Das macht selbst die Schweizerische Depeschenagentur. Es gibt kaum mehr Journalisten, welche diese groben Unterschiede überhaupt kennen. Tragisch. Und dies obwohl immer wieder öffentlich darauf hingewiesen wird.

Ein Blick in die Medienpräsentation der Kantonspolizei Zürich zur Kriminalstatistik zeigt, dass die Polizei dem Irrtum selbst Vorschub leistet. Sie spricht konsequent von der Entwicklung der Kriminalität im Kanton Zürich, obwohl sie bloss die Zahl der Anzeigen auswertet. So gesehen sind die Medien einfach PR-Opfer der Polizei.

Immerhin sind die irregeleiteten Polizeireporter konsequent: Wenn die Anzeigen steigen, schreiben sie von der Zunahme der Kriminalität und wenn die Zahl der Anzeigen sinkt, schreiben sie von Rückgang. Zwei Fehler gleichen sich manchmal aus.