Das fürstliche Ruhegehalt der Bundesrichter

Hat ein Bundesrichter auch nur einen Tag gearbeitet, erhält er ein Ruhegehalt von rund 100’000 Franken bis ans Lebensende. Hält er 15 Jahre durch, bezieht er derzeit maximal 176’000 Franken.

Bundesräte,  Bundeskanzlerin und Bundesrichter müssen nicht um ihre Renten zittern: Sie können ihre Pensionskassenguthaben aus vorgängigen Tätigkeiten bei der Wahl auf einem Freizügigkeitskonto parkieren, zahlen auch während ihrer Amtsdauer keinen Rappen in die Pensionskasse des Bundes ein, erhalten dann aber ein fürstliches Ruhegehalt. Nach vier Amtsjahren beziehen die Bundesräte eine Monatsrente von 18’333 Franken, 220’00 Franken pro Jahr. Die Bundesrichter habens noch besser: Sie erhalten ein jährliches Ruhegehalt von 100’000 Franken, wenn sie auch nur einen einzigen Tag als höchste Schweizer Richter gearbeitet haben. Halten Sie 15 Jahre durch, sind es 176’000 Franken.

Begründet wird dieses Privileg vom Bundesrat jeweils damit, dass sie „ihr Amt aus staatspolitischen Überlegungen in absoluter Unabhängigkeit von finanziellen und vorsorgerechtlichen Erwägungen antreten, ausüben und aufgeben können“. Das sei ein alter Zopf, kritisiert nun der Basler Staatsrechtsprofessor Markus Schefer. Bundesrichter verlören nicht ihre Unabhängigkeit, wenn sie in eine Pensionskasse einzuzahlen hätten. „Bundesrichter entscheiden ja oft Fragen, die auch sie selbst betreffen könnten – sei es im Strassenverkehrsrecht, im Steuerrecht oder eben bei Pensionskassenregelungen.“ Schefer hält hingegen das Ruhegehalt für Bundesräte für gerechtfertigt, weil diese ja den Mindestzins festzulegen hätten.

Bereits vier Vorstösse von linken bis rechten Parlamentariern versuchten die Ruhegehälter der Magistratspersonen abzuschaffen oder zu senken. Erfolglos. Das rächt sich nun bei der aktuellen Bundesratswahl: SP-Kandidat Alain Berset ist 39 Jahre alt. Würde er am 14. Dezember gewählt und träte nach vier Jahren zurück, könnte das den Steuerzahler Millionen Franken an Ruhegehalt kosten. SP-Präsident Christian Levrat, der noch vor Jahresfrist gefordert hatte, „die Bundesratsrente gehört abgeschafft“, war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

In den Kantonen ist das Ruhegehalt für Magistratspersonen ein Auslaufmodell: Zürich hats 2009, der Thurgau 2005 und Luzern bereits 2003 abgeschafft. Der Kanton St. Gallen debattiert gerade darüber.

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6 Gedanken zu “Das fürstliche Ruhegehalt der Bundesrichter

  1. Jeder vernüftige Staatsbürger erwartet von Richtern und anderen öffentlich Bediensteten zu Recht zweierlei:

    1. Es sollten nur die Besten ihres Faches ein öffentliches Amt bekommen.
    2. Bei ihrer Amtsausübung sollten sie unbestechlich sein.

    Beides erfordert eine gute finanzielle Ausstattung, sowohl als Anreiz für die Besten als auch als Stärkung der Unabhängigkeit gegen Beeinflussung oder im schlimmsten Fall Bestechung.
    Wer die Inhaber öffentlicher Ämter schlechter bezahlen will als den Durchschnitt gleich Gualifizierter die in der freien Wirtschaft tätig sind, wird demnächst nur noch Hilfsbriefträger und Provinzmafiosi als Bewerber für öffentliche Ämter vorfinden. Das erscheint mir wenig erstrebenswert.

  2. Ein Beispeiel nur: Der Leistungsausweis von Alt-Bundesrichter Michel Féraud. Siehe http://x20080529ch.wordpress.com/2011/06/15/problem-rechtsverweigerung/

    Natürlich: ein Fehler ist keiner, mag man einwenden. Abgesehen von seiner Fehlleistung im verlinkten Fall hat dieser edle Mann Michel Féraud doch gewiss nur korrekt und gut gearbeitet, sonst wäre er doch nie Bundesrichter geworden, geschweige denn Bundesrichter geblieben…

    Nein. Ein Fehler ist keiner. Ein Fehler ist nur einer. Damit ist er eigentlich keiner, nur einer.

    Ein Fehler eines Bundesrichters, der nicht ausdrücklich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Strasssburg (ECHR) als solcher gerügt wurde, ist – in den Augen des hiesigen Establishments – ebenfalls keiner. Der Richter kann noch so „Sche*ss gebaut“ haben. Ohne juristisch korrekt erfolgte Rüge ist sein Verhalten in den Augen der Juristen und Politiker kein Fehler… Wie die Lemminge denken sie, unsere Juristen und Politiker…
    Ein Fehler, der nicht offiziell gerügt wurde, kann keiner sein. Denn es fehlt die entsprechende rechtsverbindliche Verurteilung durch eine höhere gerichtliche Instanz. Das ist ein Problem. Nicht nur das. Die fehlende Qualitätskontrolle in der helvetischen Justiz ist ein Problem.

  3. Was Sie angeht, Frau oder Herr „Splendor“, oder das, was Sie schreiben: „Beides erfordert eine gute finanzielle Ausstattung, sowohl als Anreiz für die Besten als auch als Stärkung der Unabhängigkeit gegen Beeinflussung oder im schlimmsten Fall Bestechung. Wer die Inhaber öffentlicher Ämter schlechter bezahlen will als den Durchschnitt gleich Gualifizierter die in der freien Wirtschaft tätig sind, wird demnächst nur noch Hilfsbriefträger und Provinzmafiosi als Bewerber für öffentliche Ämter vorfinden. Das erscheint mir wenig erstrebenswert.“

    Wenn ich Sie richtig verstehe, wollen Sie als Voraussetzung für die Wahl in ein Richteramt primär eine gute „Kapitalisierung“ der zu wählenden Person?

    Das, meine Liebe oder mein Lieber, ist mit unserer Verfassung und unseren demokratischen Werten absolut unvereinbar. Wenn es nach Ihnen ginge, wären Richterämter Reichen vorbehalten. Deshalb, weil sie angeblich nur deshalb unbestechlich seien, weil sie reich sind (oder vom Steuerzahler im Richteramt fürstlich bezahlt werden).

    Ausserdem: die übermässigen „Pensionsgelder“ für ehemalige Richterinnen und Richter können Sie wohl kaum damit rechtfertigen, dass damit der Bestechlichkeit vorgebeugt werde.

    Im Übrigen ist Unbestechlichkeit rein CHARAKTERLICH bei Richterinnen und Richtern vorauszusetzen.

    Sie setzen auf Geld. Wer genug Geld habe, sei unbestechlich. Igitt! Nein, in den Richterpositionen brauchen wir Leute, die charakterlich unbestechlich sind, und nicht weil sie einfach ein finanzielles Polster haben.

  4. Da fällt mir noch ein Stichwort (oder eher Reizwort?) zur Sache ein: Ex-Oberrichter (AG) und Ex-Bundesanwalt ERNST RODUNER.

    Wussten Sie, dass RODUNER schon als Aargauer Oberrichter aufgrund massiver Unregelmässigkeiten, die als Amtsmissbrauch anzusehen sind, nicht tragbar war und einer drohenden Abwahl durch einen eigenen Verzicht auf Wiederwahl zuvor kam?

    Wissen Sie, wie er es danach schaffte, Bundesanwalt zu werden? Ich nicht. Würde mich interessieren, wer da mit wem unter der Decke gesteckt hat, dass er nach seinem unrühmlichen Abgang vom Obergericht eine Stelle als Bundesanwalt bekam. Mit entsprechendem Salär…

    Auch RODUNER dürfte nun als Pensionär ein fürstliches Ruhegehalt beziehen. Auf Kosten von uns Steuerzahlern. Wussten Sie, dass sich RODUNER frühzeitig pensionieren liess, weil er dadurch finanzielle Vorteile ergatterte? Die Weltwoche schrieb 2008 in Ausgabe Nr. 29: „Der Rücktritt kommt überraschend. Erst am 29. April wurde Roduner, der sich wegen finanzieller Vorteile per Ende Mai frühzeitig pensionieren liess, vom Bundesstrafgericht als ausserordentlicher Untersuchungsrichter gewählt, um die erwähnten ‚pendenten‘ Voruntersuchungen ‚zum Abschluss zu bringen‘.“

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