Akten gesichert

Brisante Akten waren von der Vernichtung bedroht, weil hunderte kommunale Vormundschaftsämter aufgehoben werden. Jetzt sind sie gesichert – dank eines Artikels des Beobachters.

«Darf man Schicksale entsorgen?», fragte der Beobachter im Dezember (siehe Artikel zum Thema). Jetzt handelt die Politik. In einem Brief rufen Justizministerin Widmer-Schlumpf und die Präsidenten der Justiz- und der Sozialdirektorenkonferenz die Kantonsregierungen dazu auf, dafür zu sorgen, dass die Akten «betreffend administrative Einweisungen im jeweiligen Kanton und in den zuständigen Gemeinden umgehend gesichert und vor einer Vernichtung geschützt werden». Dies ist ein Erfolg, denn administrativ Eingewiesene von einst brauchen ihre Akten, um zu belegen, wie die Vormundschaftsbehörden mit ihnen umgesprungen sind.

Bleibt zu hoffen, dass so auch Dossiers von Zwangssterilisierten, Verdingkindern und Zwangsadoptierten vor dem Schredder bewahrt werden.

3 Gedanken zu “Akten gesichert

  1. Mit grossem Interess habe ich die Berichte u.a. der administativ Versorgten gelesen. Schicksale, die nicht durch eine Abfindung wieder gut zu machen sind, oder nur bedingt.
    Es gibt da jedoch noch andere Menschengruppen, nämlich die vorehelich Geborenen. Im 1952 gab es noch keinen Kinderschutz, welcher einen Erziehungsbeitrag festlegte. Alleinerziehende Mütter waren gezwungen ihr Kind in Fremdbetreuung zu geben. Meiner Mutter so passiert. Das zweite Kind, welches sie auch „wild gebar“ musste auch in Fremdbetreuung & wurde später zur Adoption freigegeben. Die Schmach dieser Geschichte wurde für meine Mutter & meinem Steifvater zur Lebenslüge, welche sich für mich erst nach dem Tod meines Stiefvaters auflöste. Die Papiere, die mir im Pflegeheim abgeben wurden, erklärten mir manches. Der Antrag, den meine Mutter bei der damaligen „Armenbehörde“ stellte, wurde mit der Begründung eines unseriösem Lebenswandels &, dass keine Besserung in Aussicht gestellt werden könnte, abgelehnt. Obwohl der Kindvater meiner Schwester für den Pflegeplatz Allimente bezahlte, wäre es meiner Mutter nicht möglich gewesen, uns selbständig zu betreuen. Mein Vater ist vor meiner Geburt, durch Fremdeinwirkung, tödlich verunglückt (dieser „Fall“ wurde nie polizeillich ermittelt. Der Fall wohl zu wenig interessant & meine Grosseltern zu arm). Die Lebenshaltungskosten auch zu dieser Zeit, übertrafen die Möglichkeiten einer alleinerziehender Mutter ohne Unterstützungshilfe.
    Die damaligen Traumas, meine Mutter hat mich zwei Jahre nach ihrer Heirat, gut gemeint, als fünf jährige zu sich geholt. Körperliche- & psychische Gewalt prägten ab da mein Leben. Meine Lebens- & Berufskarriere gestalteten sich durch diesen Hintergrund eher schwierig. Tausende von Franken hat mich die Aufarbeitung dieser Lebensgeschichte gekostet.
    Recherchen habe wir in der Zwischenzeit zweiundzwanzig Cousinen & Cousin, sowie eine über achtzig jährige Tante beschehrt. Weiter erfuhr ich, dass mein leiblicher Vater den gleichen Namen trug wie der Exmann. Es hätte also sehr wohl eine Verwandtschaft bestehen können. Auch da wurde ich nicht aufgeklärt.
    Der Namensstamm gehört jedoch in die Innerschweiz und den des Exmannes ins Zürcheroberland.
    Beim Kontakt mit dem ehemaligen Gemeindeschreibers von Flüelen, erzählt mir dieser, dass er mir noch ganz viele solche Geschichten erzählen könne.
    Ob noch weitere Akten vorhanden sind weiss ich nicht, weil ich mich erst mal vor Jahren bei der Vormunschaftsbehörde per telefonischer Anfrage erkundigt habe. Später verlief es für mich wieder im Sand.
    Was will ich mit dieser Geschichte: zeigen, dass vieles in unserem Rechtsstaat im Argen lag.

    • Weil die kommunalen Vormundschaftsbehörden aufgelöst werden, stellt sich die Frage, was man mit den Archiven macht. Vielerorts werden diese aufgelöst. Dabei wird eine Triage vorgenommen und es ist zweifelhaft, ob dabei die richtigen Akten weiter aufbewahrt werden.

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