CVP-Nationalrat muss Zinsen zahlen

Thomas Müller, Stadtpräsident von Rorschach SG und CVP-Nationalrat, muss für eine Schlamperei in einer Erbsache büssen. Erst als er 2400 Franken zahlte, stellte das Kreisgericht ein Verfahren gegen ihn ein.

Thomas Müller hatte als Willensvollstrecker die Aufgabe, den Nachlass einer Verstorbenen zu verteilen. Doch statt das rasch zu erledigen und jährlich Rechenschaft abzulegen, wie es das Gesetz verlangt, brauchte Müller fast sieben Jahre. Erst dieses Jahr zahlte er die letzten Vermächtnisnehmer aus. Und das geschah erst auf Druck einer Erbenvertreterin und nachdem sich der Beobachter eingeschaltet hatte (Nr. 6/2010, Justizblog berichtete).

Deshalb reichte eine Erbenvertreterin Beschwerde gegen Müller ein. Erst darauf zahlte der CVP-Nationalrat die ausstehenden Zinsen von total rund 2400 Franken aus. Und deshalb hat Einzelrichter Andreas Hildebrand nun das Verfahren gegen Müller eingestellt – aber ohne die gerügten Sorgfaltspflichtverletzungen des Nationalrats zu prüfen. Ob der weitere Erbe und die Vermächtnisnehmer ihre Zinsen erhalten, hängt davon ab, ob diese sie einfordern.

Auffallend ist, dass der Entscheid des Rorschacher Richters vollumfänglich die Argumentation von Stadtpräsident Müller übernimmt. Bei Redaktionsschluss war der Entscheid noch nicht rechtskräftig.

Nationalrat Thomas Müller in Nöten

Thomas Müller, CVP-Nationalrat und Stadtpräsident von Rorschach, betreut als Willensvollstrecker einen Nachlass so schlecht, dass die Sankt Galler Steuerbehörden eine Strafsteuer von 31’000 Franken verfügen.

Müller hat trotz mehrmaliger Mahnung der Steuerbehörden die Unterlagen nicht eingereicht, zahlt auch die Strafsteuer nicht und wird dann verdonnert, die 31’000 Franken abzuzahlen – in monatlichen Raten.

Doch selbst dieser Warnschuss weckt den prominenten St. Galler nicht. Er zahlt auch jetzt die Vermächtnisse  nicht aus, welche das zu vollstreckende Testament vorsehen. Erst als der Beobachter anruft, regelt er die Angelegenheit – notabene sieben Jahre nach dem Tod der Erblasserin! „Es war ein Scheissfall“, erklärt Müller. Er habe als neu gewählter Stadtpräsident einfach zu viel um die Ohren gehabt und dieses Mandat liegen lassen.

Deshalb ist nun eine Aufsichtsbeschwerde gegen den König von Rorschach hängig.

Der Fall wirft zahlreiche weitere Fragen auf: Weshalb hat Müller die Strafsteuer in Monatsraten abgezahlt? Weshalb hat er die Vermächtnisse nicht bei der ersten Mahnung ausgerichtet? Weshalb brauchte er sieben Jahre um den einfachen Nachlass abzuwickeln? Darf ein Stadtpräsident überhaupt ein Nachlassmandat führen? Wann werden endlich Sorgfaltspflichten von Willensvollstrecker detaillierter im Gesetz formuliert und die Aufsicht verstärkt?

In den St. Galler Medien ist kein einziges Wort darüber zu lesen.

Der Artikel im Beobachter im Volltext.

Nachtrag von Januar 2011: Nachdem NR Thomas Müller sich bereit erklärte, die Zinsen für die jahrelang nicht ausbezahlten Erbanteile nachzuzahlen, hat der Rorschacher Bezirksrichter Andreas Hildbrand in einem schwachen Entscheid die Beschwerde gegen Müller als Willensvollstrecker abgeschrieben. Zu Unrecht nicht geprüft hat Hildbrand, ob nicht weitere Massnahmen gegen Müller wegem wiederholten und massiven Verstössen gegen gesetzliche Sorgfaltspflichten nötig wären. Ausführlich dazu hier.