Recht – verständlich erklärt

Recht – Verfassung, Gesetze, Verordnungen und Urteile der Justiz – prägt die öffentliche Diskussion, Politik, Medien und unser Leben. Doch Recht im Sinne von grundlegender Staatsbürgerkunde wird an unseren Schulen kaum gelehrt. Und so gibt es auch wenig brauchbare Einführungen ins Recht. Hier ist eine.

Damit eine sehr gute Einführung für alle greifbar ist, lade ich sie – mit Einwilligung des Autors Franz Zeller, Professor für Medienrecht an den Universitäten Bern, Basel und St. Gallen – auf meinen Blog.

Auf dass viele – auch Medienschaffende – sich das Skript an einem Regentag zu Gemüte führen. Es trägt vielfältige, nutzbringende Früchte. Ich versprechs.

FS 2018 Kapitel-00-Einfuehrung in RW (fuer juristische Laien)

Weshalb der Justizjournalismus in Helvetien darbt

Embedded Journalists, unerfahrene Gerichtsreporter, Desinteresse der Medien und die Angst der Justizbehörden vor Transparenz sind vier Gründe für das Malaise des Justizjournalismus in der Schweiz. Vier Forderungen, um dies zu ändern.

Der kritische Justizjournalismus darbt in der Schweiz. Das hat mit vier Gründen zu tun: Erstens bauen die Medien die Justizberichterstattung ab. So berichten heute selbst in der NZZ nur drei Personen über Justiz, hingegen fast zwei Dutzend Leute über Parlament und Regierung in Bund und Kanton Zürich. Das Missverhältnis in der Berichterstattung über die drei Gewalten ist bei andern Zeitung kaum anders. Oder kann sich jemand daran erinnern, dass Bundesrichterkandidaten vor den Wahlen ähnlich geröntgt wurden wie Bundesräte und Parlamentarier?

Zweitens sind die regelmässigen Gerichtsberichterstatter, welche die Kompetenz zur Justizkritik haben,  meist embedded journalists, die aus Rücksicht auf das Justiz-Biotop, in dem sie selbst leben, nicht alles schreiben können, was wichtig wäre. Drittens ist die grosse Masse der Gerichtsberichterstatter  unerfahren und vermeldet nur Sensationen, übt hingegen keine fundierte Justizkritik. Dass da die Justizbehörden von Polizei über Staatsanwaltschaften bis zu den Gerichten misstrauisch sind, ist zumindest zum Teil verständlich. Doch dies erklärt die Angst der Justizbehörden vor Transparenz bei weitem nicht, die viertens Justizkritik erschwert.

Schade eigentlich, denn Justizjournalismus tut not in der Schweiz. Er müsste drei Fragen stellen:

1. Liegt ein Justizfehler vor? (Wie zum Beispiel beim Bundesgerichtsentscheid zu Swissmedic)

2. Ist das juristisch korrekte Urteil auch gerecht? (Eine Frage, die sich zum Beispiel beim Fall Wyler/Zopfi stellt)

3. Gibt es Dysfunktionen im Justizsystem? (Wie zum Beispiel im Bezirk March, wo Anwälte und Richter Herrenabende feiern und sich danach wieder vor und hinter den Schranken des Gerichts unbefangen begegnen)

Damit Justizjournalismus und Justizkritik in der Schweiz diesen Fragen wieder fundiert nachgehen können, müssen 4 Forderungen erfüllt werden:

1. Sämtliche Justizbehörden müssen Zugang zu ihren Entscheiden gewährleisten. Kostenlos und schnell.

2. Justizjournalismus ist als spannendes Berufsfeld für Juristen bekannt zu machen.

3. Rechtswissenschaftliche Lehre und Justizjournalisten sollten häufiger zusammenarbeiten, denn beide machen das gleiche – wenn auch in unterschiedlichen Diskursen.

4. Medien sollten der Justizberichterstattung und der Justizkritik mehr Raum geben.

Also Bodenpersonal Justitias rege Dich!

Bullshit am Berner Verwaltungsgericht

Manchmal sind Richter schlicht und einfach arrogant: Da klagt eine 70jährige Frau vor dem Berner Verwaltungsgericht gegen eine Pensionskasse, die ihr die monatliche Witwenrente von 590 Franken gestrichen hat. Doch die zuständige Einzelrichterin klärt nicht etwa die Rechtslage ab, sondern schreibt der alten Frau nach nur gerade sieben Tagen, die Klage müsse „aller Voraussicht nach abgewiesen werden“. Die Beschwerdeführerin solle doch sagen, ob sie die Klage nicht kostenlos zurückziehen wolle.

Damit macht die Richterin gleich zwei Fehler: Zum einen ist eine Klage gegen eine Pensionskasse, die Leistungen verweigert, eh kostenlos – ob die 70jährige den Streit nun gewinnt oder nicht. Der Hinweis des Gerichts erscheint wie der Versuch, einen Laien zu übertölpeln.

Zum andern ist die Rechtslage sonnenklar, aber anders als die Einzelrichterin schrieb: Die 70jährige hat gemäss zwei eindeutigen Bundesgerichtsentscheiden durchaus Anspruch auf die Witwenrente. Das sieht die Pensionskasse ein, als ein Anwalt ihr das mitteilt,  und erklärt sich sofort bereit, die Witwenrente zu zahlen.

Wofür halten die Richter eigentlich Laien? Für lästige Beschwerdeführer, die man möglichst schnell abwimmeln sollte? Da brachte es die Präsidentin des Berner Verwaltungsgerichts besser auf den Punkt, als sie vor zwei Jahren vor dem Berner Anwaltsverband zum Thema referierte: „Wie vermeide ich Bullshit in der Berufsausübung?“

Den ganzen Artikel im Beobachter 14/09 lesen