Bundesgericht beendet Justizposse im Fall Nef

Gemäss Bundesgericht muss das Zürcher Verwaltungsgericht schnell darüber entscheiden, ob Beobachter und Weltwoche die Einstellungsverfügung im Strafverfahren gegen den Ex-Armeechef Roland Nef einsehen darf.

Mit seinem Machtwort beendet das höchste Schweizer Gericht einen Zuständigkeitsstreit, der zunehmend Züge einer Justizposse trug: Das Zürcher Verwaltungsgericht wollte nicht entscheiden, ob die Einstellungsverfügung im Fall Nef öffentlich gemacht werden darf und erklärte das Zürcher Obergericht für zuständig. Das Obergericht wollte sich mit dem Fall aber auch nicht befassen.

Deshalb gelangten Weltwoche und Beobachter ans Bundesgericht und erhielten nun recht: Die fünf Bundesrichter entschieden einstimmig, dass das Verwaltungsgericht den Fall behandeln muss. Das gehe deutlich aus den Materialien zum Zürcher Gesetz über die Information und den Datenschutz hervor. Und die höchsten Schweizer Richter finden klare Worte: «Das Verwaltungsgericht wird nun nach den erheblichen Verzögerungen, die durch den innerkantonalen Streit über die Zuständigkeitsfrage eingetreten sind, beförderlich zu entscheiden haben», schreiben sie in ihrem Urteil (Urteil im Volltext).

Das Gesuch um Einsicht hat der Beobachter bereits vor mehr als eineinhalb Jahren gestellt. Er will kontrollieren, ob die Zürcher Staatsanwaltschaft Roland Nef bevorzugt behandelte, als es das Strafverfahren gegen ihn im Oktober 2007 einstellte, weil er seiner Ex-Partnerin eine Wiedergutmachung gezahlt hatte. Normalerweise werden solche Verfahren erst nach einer Bewährungsfrist von sechs Monaten eingestellt. Das hätte aber die Wahl Nefs als Armeechef unmöglich gemacht.

Fall Nef wird zur Justizposse

Im Verfahren um die Einsicht in die Einstellungsverfügung im Fall Nef will kein Zürcher Gericht zuständig sein. Eine Justizposse.

Staatsanwalt Hans Maurer wollte den Medien im letzten Dezember Einsicht geben in die Einstellungsverfügung im Fall Nef, damit sie überprüfen könnten, ob Roland Nef als Prominenter bevorzugt behandelt wurde. im April verweigerte die Oberstaatsanwaltschaft die Einsicht auf Beschwerde hin. Dieser Entscheid könne am Verwaltungsgericht angefochten werden, meinten die Zürcher Oberstaatsanwälte in der Rechtsmittelbelehrung.

Denkste. Das Verwaltungsgericht erklärte sich im Juli für unzuständig und wies den Fall ans Obergericht weiter.

Dieses hat sich nun gestern seinerseits für unzuständig erklärt und durchblicken lassen, dass das Verwaltungsgericht sehr wohl und ganz offensichtlich Beschwerden gegen verweigerte Einsicht nach dem neuen Informations- und Datenschutzgesetz des Kantons Zürich behandeln muss.

Da aber das Obergericht dem Verwaltungsgericht nichts zu befehlen hat, muss nun das Bundesgericht die Zuständigkeitsfrage entscheiden. Zum Glück haben Beobachter und Weltwoche vorsichtigerweise bereits gegen den Unzuständigkeitsentscheid des Verwaltungsgericht  Beschwerde beim Bundesgericht eingereicht.

Doch das Einsichtsgesuch im Fall Nef wird damit mehr und mehr zur Justizposse.

Ein normaler Bürger hätte keine Chance, sich mit einem normalen Einsichtsgesuch in diesem Zuständigkeitsdschungel des Kantons Zürich zurechtzufinden. Da will ein kantonales Öffentlichkeitsgesetz Transparenz herstellen, und die Gerichte blockieren es mit ihrem Zuständigkeitsgeschwurbel.

Siehe auch den Artikel auf der Beobachter-Website.

Falschmeldung

Auch NZZ, Tages-Anzeiger und SDA können irren: Einen Tag nach dem Justizblog berichteten alle drei Zeitungen von einer einzigen Zeitschrift, die hartnäckig geblieben sei und vor Zürcher Verwaltungsgericht Einsicht in die Einstellungsverfügung im Fall Nef verlangt habe.

Das ist falsch. Es sind drei Medien, die weiter Einsicht haben und damit Justizkontrolle ausüben wollen: Weltwoche, Sonntagszeitung und Beobachter.

Der Grund für die „Falschmeldung“: Das Verwaltungsgericht hatte in seiner Anonymisierung die Beschwerdeführer auf eine einzige Zeitschrift reduziert. Manchmal sind also auch Gerichte an falscher Berichterstattung schuld.

Neues zum Fall Nef

Der Fall Nef dreht weiter. Still und leise. Und ist eigentlich schon längst kein Fall Nef mehr, sondern ein Fall Zürcher Justiz.

Da haben vier Medien – darunter der Beobachter – Einsicht verlangt in die Einstellungsverfügung im Strafverfahren gegen den Ex-Armeechef wegen Nötigung. Und es geht den Medien nicht etwa darum, den zurückgetretenen Nef immer weiter zu drangsalieren. Nein. Es geht um etwas viel Grundsätzlicheres: Die Medien wollen überprüfen, ob die Zürcher Staatsanwaltschaft einen Prominenten bevorzugt behandelt hat und ihm geholfen hat, überhaupt Armeechef zu werden.

Allzu auffällig ist nämlich, dass das Strafverfahren gegen den mutmasslichen Stalker Roland Nef kurz nach seiner Wahl und kurz vor seinem Amtsantritt im Oktober 2007 eingestellt wurde, weil er seiner Ex-Partnerin eine Geldsumme in unbekannter Höhe gezahlt hat. Normalerweise werden Stalking-Fälle zwischen Ex-Partnern anders eingestellt. Da muss der Täter sich ein halbes Jahr wohlverhalten, bevor die Staatsanwälte das Verfahren ad acta legen. Nicht so bei Nef: Er musste nur zahlen und das Verfahren wurde sofort gestrichen. Wäre bei ihm das übliche Verfahren angewendet worden, hätte er sein Amt wohl nicht antreten können, weil er sich erst in der halbjährlichen Bewährungsphase befunden hätte. Das Strafverfahren wäre bei Amtsantritt noch nicht eingestellt gewesen.

Unter anderem deshalb will der Beobachter die Einstellungsverfügung sehen und stellte ein Einsichtsgesuch bei Staatsanwalt Hans Maurer. Der wollte Einsicht gewähren. Doch Nef rekurrierte dagegen an die Oberstaatsanwaltschaft, die ihm recht gab: Keine Einsicht. Unter anderem weil der Zürcher Regierungsrat – in einem dünnen achtseitigen Bericht – bereits dargetan habe, dass Nef nicht bevorzugt behandelt worden sei. Wie wenn eine verwaltungsinterne Aufsichtsbehörde die unabhängige Justizkontrolle der Medien ersetzen könnte.

Das bisher letzte Kapitel schrieb soeben das Zürcher Verwaltungsgericht, an das der Beobachter den Fall weiterzog. Es erklärte sich in seinem Beschluss vom 29. Juli für nicht zuständig, obwohl die Oberstaatsanwaltschaft in ihrem Entscheid genau diese Instanz als Beschwerdeinstanz angegeben hatte. Sie würden sich nicht um Streitigkeiten über Datenherausgaben kümmern, argumentierten die drei Zürcher Verwaltungsrichter. Das hätten sie nie getan und würden sie auch in Zukunft nicht tun. Und nach einigen dialektischen Purzelbäumen erklären die Verwaltungsrichter flugs das Zürcher Obergericht zuständig für den Fall. Anständigerweise nimmt das Gericht die Gerichtskosten auf die eigene Kasse. Unanständigerweise spricht es aber keine Parteientschädigung zu.

Die heisse Kartoffel wird weitergereicht. Fortsetzung folgt.