Fall Nef wird zu Fall Vogel

Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat das Strafgesetzbuch strapaziert und damit Roland Nef den Amtsantritt als Armeechef ermöglicht.

Der Fall Nef wird definitiv zum Fall Vogel: Die Zürcher Staatsanwältin Judith Vogel hat das Strafverfahren gegen Armeechef Roland Nef wegen Nötigung, Pornographie und anderer Delikte kurz nach seiner Wahl zum Armeechef eingestellt, weil die Öffentlichkeit kein Interesse an der Strafverfolgung habe. Das geht aus der Einstellungsverfügung hervor, aus der dem Beobachter eine kurze Passage vorliegt.

Zur Erinnerung: Roland Nef soll seine ehemalige Lebenspartnerin über 18 Monate hinweg massiv belästigt und in ihrem Namen gar Sexinserate geschaltet haben. Deshalb musste er im Sommer 2008 zurücktreten. Die in den Medien erhobenen Vorwürfe wurden in der Strafuntersuchung zumindest teilweise erhärtet: Staatsanwältin Vogel schreibt in der Einstellungsverfügung von «strafbaren Handlungen». Trotz den massiven Vorwürfen sieht sie aber kein Interesse der Öffentlichkeit an einer Strafverfolgung. Sie begründet das mit einem einzigen Satz: «Die strafbaren Handlungen richteten sich nicht gegen eine Vielzahl von Menschen, sondern gegen eine bestimmte Person, und diese hat eine ausdrückliche Desinteresseerklärung abgegeben.»

Diese dürftige Begründung provoziert Fragen: Richten sich nicht die meisten Straftaten nur gegen einen Einzelnen? Haben sich die schweren Vorwürfe erhärtet? Wenn ja: Liegt nicht ein schwerer Fall von «Stalking» und Nötigung vor, den der Staat von Amtes wegen aufklären muss – Desinteresse der Geschädigten hin oder her?

Falls es sich wirklich nur um einen leichten Fall handelt, stellt sich die Frage, wieso Judith Vogel nicht das dafür vorgesehene Verfahren eingehalten hat. Auf Antrag des Opfers kann das Strafverfahren zwar eingestellt werden, aber nur provisorisch. Der Täter muss sich sechs Monate bewähren. Erst dann wird definitiv eingestellt (Art. 55a StGB). Vogel hat Nef jedoch keine Bewährungsfrist verpasst. Damit hat sie es ihm überhaupt ermöglicht, sein Amt als Armeechef anzutreten, denn gewählt wurde er unter der Bedingung, dass das Strafverfahren bis zu seinem Amtsantritt eingestellt sein müsse. Hat sie Nef also protegiert?

Volle Einsicht nötiger denn je

Auf all diese Fragen möchte der Beobachter Antworten und deshalb die ganze Einstellungsverfügung, die der «NZZ am Sonntag» bereits zugespielt wurde. Ein entsprechendes Gesuch hat die Zürcher Oberstaatsanwaltschaft abgelehnt.

Eine Beschwerde von Beobachter und «Weltwoche» gegen diesen Entscheid ist noch immer vor dem Zürcher Verwaltungsgericht hängig, weil es sich zuerst für unzuständig erklärt hatte. Das Bundesgericht hat das Verwaltungsgericht nun aber angewiesen, über die Beschwerde zu entscheiden, und zwar «beförderlich».

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